Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe stehen gerade weltweit auf der Kippe. Schon 2024 wurde überall gekürzt, laut der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) ist das Volumen für „ODA” (Official Development Assistance) im letzten Jahr um über 7% gefallen. Das klingt nach einer abstrakten Zahl – insgesamt sprechen wir aber von einem Minus von satten 16 Milliarden US-Dollar, die nicht mehr für Projekte, die sich gegen Hunger und für Klimaschutz, Bildung und globale Gesundheit einsetzen, zur Verfügung standen.

Und 2025 geht es soweit nicht besser weiter: Wenn wir zum bisher größten Geber von Geldern für internationale Entwicklungszusammenarbeit USA schauen, können wir nur ungläubig mit dem Kopf schütteln. Die US-amerikanische Entwicklungsbehörde USAID wurde Anfang diesen Jahres von der Trump Administration praktisch aufgelöst. Aber auch im Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Schweden wurde zuletzt gekürzt.

Hoffnungsträger Deutschland?

Jetzt könntet ihr sagen: Okay, aber auf Deutschland ist doch wenigstens Verlass? Aber auch hierzulande sieht der Trend nicht sehr positiv aus: Wegen des Bruchs der Regierung wurde im letzten Jahr kein neuer Haushalt für 2025 verabschiedet – und der letzte Entwurf sah drastische Kürzungen vor, besonders hart sollte es das Entwicklungsministerium treffen. 

Während Deutschland noch bis 2023 stetig steigende ODA-Zahlen zu verzeichnen hatte, ging es 2024 schon bergab. Nach den neuesten, vorläufigen OECD-Zahlen sank der Anteil an der Wirtschaftsleistung  von 0,82% auf 0,67%. Das international vereinbarte Ziel, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen, wurde damit erstmals seit 2019 nicht erreicht. 

Die traurige Wahrheit: Auch das zweitgrößte Geberland hat die Sparstrümpfe an. 

Verantwortung für Deutschland – Verantwortung für die Welt?

Doch jetzt fragen wir uns: Was wird die neue Bundesregierung tun, besonders angesichts der dramatischen Lage in der Welt? Seit dem 6. Mai 2025 ist Friedrich Merz offiziell Bundeskanzler. Und auch wenn seine Regierung noch frisch im Amt ist, macht der Koalitionsvertrag wenig Hoffnung: Das 0,7%-Ziel wird nicht einmal erwähnt, Themen wie internationale Klimafinanzierung und globale Gesundheit spielen kaum eine Rolle. Stattdessen fokussiert der Vertrag im Zusammenhang mit Entwicklungszusammenarbeit stark auf den Zugang zu Rohstoffen und Energie. 

Besonders bitter: Gerade jetzt bräuchte es eigentlich mehr – nicht weniger – Einsatz. Denn besonders weil viele Länder sich zurückziehen, müsste Deutschland ein Gegengewicht bilden und sich für eine gerechte, nachhaltige Welt stark machen. Stattdessen droht: Rückzug auf Raten.

Warum das mehr ist als eine „Haushaltsfrage“

Was hier gerade passiert, ist kein reines Rechenspiel. Es geht um die Glaubwürdigkeit Deutschlands als verlässlicher Partner. Um Verantwortung. Und um konkrete Auswirkungen für Millionen Menschen weltweit.

Für die Welt bedeutet weniger ODA:

  • Weniger Menschen erhalten Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung.
  • Klimaprojekte bleiben auf der Strecke – vor allem in Ländern, die am wenigsten zur Erderwärmung beigetragen haben.
  • Humanitäre Krisen verschärfen sich, weil Ernährungssicherheit und Nothilfe nicht mehr ausreichend finanziert werden können.

Warum ODA auch im deutschen Interesse ist

Deutschland ist nicht irgendein Geberland, sondern war zuletzt Platz 2 weltweit – direkt hinter den USA. Diese Kräfte werden sich nun verschieben. Klar ist aber: Wer Verantwortung für Deutschland ruft, muss auch international Verantwortung übernehmen. Denn das eine geht nicht ohne das andere. Es gibt für globale Herausforderungen keine nationalen Lösungen. 

Für Deutschland bedeutet weniger ODA:

  • Risiko von globalen Pandemien steigt: Weniger Investitionen in Gesundheitssysteme weltweit = weniger Schutz für uns alle. 
  • Weniger globale Stabilität: Mehr Konflikte und Krisen destabilisieren auch Europa – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
  • Klimafolgen treffen uns härter: Die Rechnung ist einfach – wenn weltweit weniger Mittel für globalen Klimaschutz zur Verfügung stehen, verschärft sich die Klimakrise – auch in Deutschland, beispielsweise durch Extremwetterereignisse.

Wie geht es jetzt weiter?

Da der Haushalt im letzten Jahr nicht verabschiedet wurde, wird in diesem Sommer und Herbst im Bundestag sowohl über den Haushalt 2025 als auch 2026 verhandelt – und damit auch darüber, wieviel Geld Deutschland in den kommenden Jahren unter anderem für globale Gerechtigkeit, Gesundheit, Bildung und Klimaschutz bereitstellt. Deutschland kann immer noch gegensteuern und zeigen, dass internationale Verantwortung mehr ist als ein Lippenbekenntnis.

Was kannst du jetzt tun?

Wir können jetzt noch Einfluss auf den Verlauf der Verhandlungen nehmen:

  1. Sprich mit Freund*innen, Familie oder Kolleg*innen darüber, was gerade auf dem Spiel steht. Teile Infos auf Social Media. Je mehr Menschen Bescheid wissen, desto größer der Druck.
  2. Unterzeichne unsere Petition, die die Bundesregierung dazu aufruft, Deutschlands Glaubwürdigkeit als globaler Partner zu bewahren.
  3. Globale Gerechtigkeit und Stabilität brauchen Finanzierung. Schreibe deinen Wahlkreisabgeordneten und fordere sie auf, sich für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einzusetzen!

Ausreichend Mittel gezielt für globale Gerechtigkeit einzusetzen, ist nicht nur die richtige, sondern auch die klügste Entscheidung. Für Deutschland und seine Bürger*innen, und für Millionen von Menschen weltweit.

Advocacy

Gerechtigkeit fordern

Globale Entwicklungszusammenarbeit in der Krise – was du jetzt tun kannst

Ein Beitrag von Janina Mengelkamp