Mit dem Ausbau eines Krankenhauses hilft Cynthia Menschen im Senegal

Autor:
Helena Düll

Warum das wichtig ist
Gesundheit und Wohlbefinden sind entscheidende Bestandteile der 17 Global Goals, die die Vereinten Nationen (UN) bis 2030 erreichen wollen. Global Citizen setzt sich für die Erreichung dieser Ziele ein. Am 19. Dezember 2020 zeichnen wir mit Global Citizen Prize weltweit Persönlichkeiten aus, die sich im Kampf gegen extreme Armut und für die Erreichung der Global Goals stark machen. Erstmals wird auch ein Preis in Deutschland verliehen: Mit dem Germany’s Hero Award, der mit Unterstützung von Vodafone verliehen wird,  zeichnen wir Aktivist*innen aus, die sich in außergewöhnlichem Maße für die Global Goals und gegen Armut einsetzen. Cynthia Clottey ist eine der Finalistinnen.

Senegal ist ein junges Land: 60 Prozent aller Menschen in dem westafrikanischen Land sind jünger als 25 Jahre. Doch mehr als ein Drittel der dortigen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und hat keinen Zugang zu einer ausreichenden Gesundheitsversorgung. 

Seit 2003 kümmert sich Cynthia deshalb mit ihrem Verein SageHospital e.V. um die Instandhaltung und Erweiterung einer Kinderklinik im kleinen Fischerdörfchen Warang – rund 80 Kilometer von der Hauptstadt Dakar entfernt. Dort wollte sie zusammen mit ihrem Team außerdem eine Poliklinik bauen, um das Gesundheitssystem in der ländlichen Gegend zu stärken – doch dann brach die Coronapandemie aus. 

In den Senegal kam Cynthia über einen langen Weg des sozialen Engagements. “Ich habe mich mein Leben lang engagiert”, sagt sie Global Citizen. Ausschlaggebend dafür sei ihre Mutter gewesen. Noch heute sei sie ihr Vorbild, “weil sie sich nie den einfachen Weg ausgesucht hat. Statt sich am Bequemen festzuhalten, hat sie immer die neue Herausforderung gewählt.”

Als Cynthia in den 1960er-Jahren auf die Welt kommt, erfährt ihre Mutter gesellschaftliche Ablehnung. Im gutbürgerlichen Umfeld in Nordfrankreich ist eine alleinerziehende weiße Frau mit einem schwarzen Kind nicht die Norm. Die Familie zieht schließlich nach Kanada, Cynthia wächst hauptsächlich in Montreal auf. “Ich betrachte mich selbst als sehr nordamerikanisch geprägt. Kanada ist sehr weltoffen und besteht aus vielen Einwander*innen, die einfach dort hingegangen sind, um sich ein neues Leben aufzubauen”, sagt sie heute über sich. 

Irak, Algerien oder Kamerun: Das sind nur einige Länder, in denen Cynthia während ihrer Kindheit zusammen mit ihrer Mutter lebt. Ihre Mutter ist von Beruf Chefsekretärin und arbeitet für viele Bauprojekte, wie beispielsweise einem Staudamm am Tigris im Irak, in diesen Ländern. Ein Leben im Hands-On-Modus, dass das Handeln von Cynthia bis heute prägt. “Sie hat mir das einfach vorgelebt”, sagt sie heute. “Durch die Freundschaften, die ich so schloss, war es für mich von klein auf selbstverständlich im Rahmen meiner Mittel meinen kleinen Beitrag zu leisten.” 

Am meisten mangelt es an der Gesundheitsversorgung 

Später arbeitet Cynthia als Flugbegleiterin und nutzt die Zeit in den jeweiligen Ländern, um sich dort beispielsweise in Waisenhäusern oder Krankenhäusern zu engagieren – auch sie geht den unkonventionellen Weg ihrer Mutter. Meist ist sie eine Woche vor Ort und hilft bei verschiedensten Projekten, doch ihr fehlt etwas. Deshalb beschließt sie zusammen mit ihrer Kollegin Katharina “etwas Eigenes zu machen”, wie sie sagt. “Wenn wir uns schon so viel Mühe machen und so viele Leute mit ins Boot holen, dann darf es nicht vor Ort so ein schlechtes Gefühl geben, dass die Spenden doch nicht da landen, wo man will, dass sie landen.” 

Nach einem ersten erfolgreichen Spendenevent für ein Projekt in Kenia kurz vor Weihnachten ist auch die Zusammenarbeit mit dem Berliner Sage Club geboren. Unter dem Motto “Feiern hilft!” werden fortan Veranstaltungen organisiert. Seither kommen alle Einnahmen dem Kinderkrankenhaus im Senegal zugute – das Dorf und die Einrichtung hatten sich die Clubbetreiber und die Freundinnen bei einer gemeinsamen Reise ausgesucht. “Wir haben schnell festgestellt, dass es am meisten an der Gesundheitsversorgung mangelt. In Warang haben wir dann gemerkt, dass es dort eine richtige Dorfgemeinschaft gibt, die zusammenarbeitet. Dort wird nicht von uns erwartet, dass wir was schaffen, was die Menschen dort dann in Anspruch nehmen. Sondern, dass wir dort etwas gemeinsam mit der Bevölkerung aufbauen können”, sagt Cynthia zu Global Citizen. 

Manchmal gibt es Begegnungen im Leben, die einem eine Tür öffnen.

Bei vorhergehenden Reisen hatten die Flugbegleiterinnen eine Kinderärztin kennengelernt. “Manchmal gibt es Begegnungen im Leben, die einem eine Tür öffnen”, sagt Cynthia. “Für sie haben wir das Projekt gestartet, damit sie sich entfalten kann und entsprechendes medizinisches Material zur Verfügung gestellt bekommt. Durch ihr Know-how und ihre Vision kam es zu dem Fokus auf Frauen und Kinder. Deshalb wurde auch zuerst eine Geburtsklinik eröffnet.” Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit von Cynthia und SageHospital e.V. seinen seit der Gründung regelmäßige Reisen in das Land, erklärt sie. “Durch den ständigen Austausch können wir direkt auf die Bedürfnisse der Senegales*innen eingehen.”

Seit 2003 werden die Patient*innen in Warang für einen symbolischen Preis von rund 80 Cent behandelt. Menschen, die nicht zahlen können, bekommen die medizinische Versorgung kostenlos. Mittlerweile werden pro Monat rund 700 Patient*innen versorgt.

Im November 2019 begann das Team von Sage Hospital mit dem Bau einer Poliklinik, die in diesem Jahr erö
ffnen sollte. “Unser Motto ‘Feiern hilft!’” hat 17,5 Jahre funktioniert, aber dieses Jahr war es schwierig. Wir wurden durch die Coronapandemie total ausgebremst”, sagt Cynthia. Der Bau musste vorerst gestoppt werden, das dafür vorgesehene Geld fließt nun in Gehälter. “Dadurch können wir erst einmal bis zum Ende des Jahres den Lohn der Menschen bezahlen. Das bedeutet aber auch Baustopp”, erklärt sie. 

Die Coronapandemie verzögert den Bau einer Poliklinik 

Obwohl Events auf nicht-absehbare Zeit nicht stattfinden können und somit die Haupteinnahmequelle des Vereins fehlt, bleibt Cynthia positiv. Fernab eines geraden Wegs zu gehen, ist schließlich ihr Leben. “Unser Ziel war es schon immer nicht bis zu unserem Lebensende durch Events da Geld reinzupumpen. Es ist ein Projekt zur Selbsthilfe. Wir wollen zusammen mit den Senegales*innen eine Struktur dahin stellen, die es ermöglicht, dass sie sich ohne Events selbst finanzieren können”, sagt sie. Und ergänzt: “Das Wichtigste in der Zusammenarbeit ist uns, dass die Planung eins zu eins mit den Leuten vor Ort passiert und dass wir uns nicht als geldgebender Verwaltungsapparat sehen. Wir sind vielmehr ein Partner für eine gemeinsame Problemlösung und wollen in die Zukunft denken.” 

Dass das der einzige Weg für Cynthia und Sage Hospital sei, sei durch die Coronapandemie nochmals sehr klar geworden. “Die Idee, die seit über 17 Jahren da war, wird und muss jetzt umgesetzt werden. Unabhängig von uns muss diese Struktur noch in 40 Jahren funktionieren. Dafür muss aber noch der Bau der Poliklinik fertiggestellt werden, und zwar so schnell wie möglich”, sagt sie. 

Sei dabei, wenn Global Citizen im Dezember 2020 die Menschen auszeichnet, die sich dieses Jahr angesichts unvorhersehbarer globaler Herausforderungen für eine gerechtere Welt eingesetzt haben.


Cynthia Clottey ist nominiert für den Germany Hero Award, der in diesem Jahr erstmals im Rahmen von Global Citizen Prize verliehen wird. Global Citizen Prize zeichnet inspirierend Persönlichkeiten aus, die sich für eine gerechtere Welt einsetzen. Aktivist*innen, Weltstars und globale Entscheidungsträger*innen werden im Rahmen einer großen TV-Show dabei sein. Die Watch Party in Deutschland findet am 20. Dezember um 19:00 Uhr auf unserer Facebookseite statt. Mehr über den Global Citizen Prize erfährst du hier.