Vor zehn Jahren fand sich im paraguayischen Bezirk Capiíbary eine Gruppe von Frauen zusammen, um eine Vereinigung der Marktverkäuferinnen ins Leben zu rufen. Sie nannten sich Dos de Oro (“Zwei Münzen“) – nach einem lokalen Wahrzeichen: einem kleinen Hügel, der sich steil aus der flachen Landschaft erhebt. Das Ziel der Vereinigung war es, Ressourcen zu bündeln, das von den Frauen angebaute Obst und Gemüse einzusammeln und in Capiíbary einen Markt zu entwickeln. So begann die Arbeit der Asociación de Feriantes Dos de Oro.

Seitdem haben die 29 Vereinsmitglieder ihr Leben und ihre Lebensgrundlagen radikal verändert.

Die neunfache Mutter Nilda Rosa Benítez de Martínez erinnert sich an die Schwierigkeiten, in denen sich ihre Familie vor der Gründung befand. Sie stellte Käse her, den sie verkaufte, indem sie von Tür zu Tür zog oder mit einem Karren in die Stadt fuhr. Ihr Ehemann baute Maniok, Mais, Bohnen und Baumwolle an. Das Überleben der Familie hing vor allem von den Marktpreisen ab, die ihr Ehemann erzielen konnte.

“Waren die Preise gut, waren wir alle glücklich. Aber landwirtschaftliche Erzeugnisse erzielen nicht immer gute Preise,“ berichtet sie.

Der Verwaltungsbezirk San Pedro, zu dem Capiíbary gehört, hat eine der höchsten Armutsraten in Paraguay. Ganze 37,3 Prozent der Einwohner*innen befindet sich unterhalb der Armutsgrenze und 8,3 Prozent lebt in extremer Armut. Obwohl Paraguays Wirtschaft stark von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen großer Unternehmen in der Rinderzucht sowie im Anbau von Weizen, Mais und Soja abhängt, finden Kleinbäuer*innen kaum Anschluss am wirtschaftlichen Erfolg des Landes. Landesweit sind etwa zwei Drittel der bäuerlichen Familien arm und sinkende Erträge durch die Klimakrise, Entwaldung und Bodendegradierung verschlimmern die Situation weiter.

Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, kurz IFAD, und das paraguayische Landwirtschaftsministerium unterstützen daher Kleinbäuer*innen sowie indigene Familien durch das PPI-Projekt, um eine solide Lebensgrundlage aufzubauen. Ziel des Projekts ist es, die Kleinbäuer*innen nachhaltig in die Wertschöpfungsketten einzubringen, um Einkommen und Lebensqualität der Familien und Landbevölkerung zu erhöhen. Laut aktuellem Stand haben fast 7.000 Bäuer*innen aus dem gesamten Land an der ersten Phase des Projektes teilgenommen. 

In San Pedro liegt der Fokus auf basisdemokratisch entstandenen Organisationen, die Märkte erschließen möchten. Mitglieder erhalten Unterstützung bei der Bündelung von Ressourcen, beim Zugang zu Weiterbildungen, Materialien und Krediten. Sie lernen, wie sie gewinnbringende ländliche Unternehmen einrichten. So können sie die eigene Lebensgrundlage verbessern sowie lokale und nationale Märkte mit abwechslungs- und nährstoffreichen Lebensmitteln versorgen. Zudem lernen sie nicht nur nachhaltige Anbautechniken, sondern auch, wie sie nahrhaften Boden und Wasser schützen und Abfälle reduzieren können.

Nilda Rosa und ihr Ehemann bei einem der mithilfe von PPI gebauten Hühnerställe.
Image: IFAD

Nachdem sie bereits an einem früheren Projekt des Ministeriums teilgenommen hatten, wussten Nilda Rosa und die anderen Vereinsmitglieder, dass PPI die ideale Gelegenheit bieten würde, Einkommen erneut in ihr Unternehmen zu investieren. Über PPI nahmen sie an Weiterbildungen zu Themen wie Buchführung, Kreditwesen, Steuerangelegenheiten sowie Marketing und Produktpräsentation teil. Das Programm unterstützte sie außerdem dabei, alle notwendigen Dokumente für den Betrieb des Marktes zusammenzuziehen und zu organisieren und trug zum Bau neuer Hühner- und Schweineställe bei.

Als nächstes konzentrierten sie sich auf die Verbesserung des Angebots für Kund*innen. Sie erreichten neue Gebiete über soziale Medien und unternahmen Marketingreisen. Mit der Ausweitung der unternehmerischen Fähigkeiten gelang es dem Verein, mit der Gemeinde den Bau eines Warenhauses auszuhandeln. Heute verfügt der Verein sogar über eigene Fahrzeuge.

Inzwischen ist die Asociación de Feriantes Dos de Oro eine lokale Größe. Das Einkommen der einzelnen Frauen ist im Durchschnitt um 30 US-Dollar (rund 28 Euro) in der Nebensaison gewachsen und kann in der Hauptsaison zwischen Oktober und Dezember um das Drei- bis Fünffache ansteigen. Was als eine kleine Ansammlung von Ständen vor dem Bezirkskrankenhaus begann, ist jetzt ein integraler Bestandteil der lokalen Ernährungssysteme.

Und es gibt weitere Wachstumspläne: Der Verein hat die Umsetzung des zur zweiten Phase vom PPI-Projekt gehörenden Micro-Capitalization Plan abgeschlossen. Diese Initiative unterstützte sie dabei, Produkte lokal und auf landesweiten, vom Ministerium organisierten Märkten zu vertreiben.

“Unser Wachstum ging langsam, aber stetig voran“, sagt Nilda Rosa. “Wir haben uns auf die Unterstützung durch das Projekt bei der Organisation unserer Dokumente und Investitionen verlassen und darauf, ein Verständnis von Bankangelegenheiten und offiziellen Anforderungen zu entwickeln. Das sorgt für große Fortschritte und stellt unser weiteres Wachstum sicher.“

Mitglieder von Dos de Oro auf dem Markt im Capiíbary.
Image: IFAD

Als Schatzmeisterin verwaltet Nilda Rosa die Vereinsfinanzen sowie Einkäufe, Verkäufe und Steuerangelegenheiten. Sollte Hilfe benötigt werden, stellt sie Personal ein – und das alles neben der Betreuung von vier Kindern, die noch bei ihr leben. Das ist viel Arbeit, aber das könnte man bei ihrem fröhlichen Lächeln fast vergessen.

Die gesamte Familie kommt für die Vorbereitung der Markttage zusammen: jeden Freitag auf dem Bezirksmarkt, einmal im Monat in der Hauptstadt Asunción. “Ich kann durch den Verkauf im Monat drei bis vier Millionen Guaraní (rund 400 bis 550 Euro) verdienen”, erklärt Nilda Rosa. “Früher verdienten wir so viel in einem Jahr. Jetzt entscheiden wir dadurch, wie viel wir arbeiten, wie viel wir verdienen.“

Nun, da sie nicht mehr von den Fluktuationen des Baumwollpreises abhängig ist, kann Nilda Rosa Geld zur Seite legen. “Ich habe sogar verschiedene Sparschweine. In eines gehen die Münzen und in dem anderen spare ich Geldscheine für wichtige Anschaffungen. Und ich verwalte es.“

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