Warum das wichtig ist
Umweltschützer*innen auf der ganzen Welt machen sich für den Schutz unseres Planeten und ihrer lokalen Gemeinden stark. Die Vereinten Nationen (UN) fordern Länder dazu auf, die Rechte der indigenen Bevölkerung nicht nur zu wahren, sondern indigene Völker auf höchster politischer Ebene einzubinden. Du kannst hier mit uns aktiv werden.

Brasilien galt lange als das gefährlichste Land weltweit für Umweltschützer*innen. Nun führen die Philippinen, Kolumbien und Indien die Liste an. Das zeigen die Zahlen der Non-Profit-Organisation “Global Witness” von 2018, die Gewaltverbrechen dieser Art seit 2012 dokumentiert.

30 Umweltschützer*innen wurden im vergangenen Jahr auf den Philippinen getötet, 24 in Kolumbien und 23 in Indien, so die Bilanz von Global Witness. In Brasilien fanden 2018 20 solcher grausamen Morde statt.

Im Vergleich ging die Zahl von Morden an Umweltaktivist*innen zurück: Waren es 2017 insgesamt noch 207, wurden 2018 weltweit 164 Mordfälle registriert. Wie so oft kam der Großteil der Verbrecher ohne Strafverfahren davon.

Obwohl es übergreifend betrachtet weniger Mordfälle gab, sind die Bedrohungen, denen Umweltschützer*innen weltweit ausgesetzt sind, im vergangenen Jahr eher gestiegen, erklärt Alice Harrison von Global Witness.

“Die Morde erzählen nur eine Seite der Geschichte“, sagte sie Global Citizen. “Sich nur auf die Anzahl der Totschläge zu fokussieren, wird dem Ausmaß an Drohungen und Gewalttaten nicht gerecht, denen [Umwelt-]Schützer*innen jeden Tag ausgesetzt sind – seien es körperliche Angriffe, Androhungen, Todesdrohungen oder Kriminalisierung“.

“Aktivist*innen werden festgenommen, eingesperrt, mit sehr teuren Gerichtsverfahren belegt und durch die Gerichtshöfe gejagt“, fügt Harrison hinzu. “All das kostet viel Energie und viele Kapazitäten, die sonst in gemeinnützige Aktionen hätten fließen können.“

In dem aktuellen Bericht hat Global Witness nun zum ersten Mal einen Abschnitt darüber eingefügt, auf welche Art und Weise Umweltschützer*innen kriminalisiert und bedroht werden.

“Die Kategorisierung, Stigmatisierung und das Verteufeln indigener Bevölkerungen – von denen viele aufgrund wirklich absurder und frei erfundener Anklagen wie Hausfriedensbruch, Diebstahl und Mord festgenommen und eingesperrt werden – sind alles Mittel, um sie zum Schweigen zu bringen“, sagt Harrison.

Die internationale Umweltschutzbewegung setzt sich aus vielen verschiedenen Gruppen zusammen – etwa indigenen Gemeinden aus dem Globalen Süden, Landwirt*innen, Aktivist*innen, die sich großen Firmen in den Weg stellen, Menschenrechtler*innen, Wissenschaftler*innen, Klima-Aktivist*innen aus dem Globalen Norden und vielen mehr.




Obwohl diese Menschen einen großen Beitrag zum Schutz unserer Umwelt und unseres Planeten leisten, stößt ihr Einsatz bei mächtigen Unternehmen oft auf Gegenwind. Vor allem, wenn es um finanzielle Interessen von Firmen geht, die Verbindungen zu Regierungen pflegen, so Harrison.

“Man kann es Korruption nennen. Man kann es aber auch eine Form der Staatsführung nennen“, sagt sie. “Diese Regierungen stellen wirtschaftliche Interessen über die Rechte und die Sicherheit ihrer Bürger*innen.“

Für Harrison ist Brasilien ein Paradebeispiel für diese Entwicklung. Seit Jair Bolsonaro 2019 zum Präsidenten ernannt wurde, wurde der Amazonas-Regenwald für die industrielle Nutzung freigegeben und Krieg gegen die indigene Bevölkerung geführt, berichtet Global Witness. Die Abholzung des Regenwalds am Amazonas ist seitdem laut New York Times im Vergleich zum vergangenen Jahr um 80 Prozent gestiegen.

Erst am 23. Juli wurde ein Oberhaupt einer indigenen Gemeinde und Verfechter des Amazonas-Regenwalds von Mitarbeiter*innen eines Bergbauunternehmens getötet.

“Der Mord an Emrya Wajãp, Anführer des indigenen Volkes der Wajãpi, ist tragisch und absolut verwerflich“, sagte Michele Bachelet, Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN, in einer Erklärung.

“Dies ist ein verstörendes Anzeichen eines wachsenden Problems von Übergriffen auf das Land indigener Völker – vor allem auf Wälder – durch Minenarbeiter, Holzfäller und Landwirte in Brasilien“, fügte sie hinzu.

Auf den Philippinen geht Präsident Rodrigo Duterte mit strenger Hand gegen Menschenrechtler*innen vor. Das übt eine abschreckende Wirkung auf den Aktivismus im gesamten Land aus, so Harrison.



Des Weiteren wurden dutzende Umweltschützer*innen im Jahr 2018 umgebracht, vor allem durch Unternehmen aus der Agrarindustrie. In einem besonders erschütternden Vorfall am 2. Oktober 2018 erschossen bewaffnete Männer neun Zuckerrohranbauer*innen und brannten deren Häuser nieder.

“Wir denken, dass der Rückgang [des Aktivismus] durch Dutertes Kampf gegen die Drogenindustrie zustande kommt, der schon viele Opfer forderte und Angst verbreitet, sodass Aktivist*innen nicht mehr so viele Risiken eingehen, wie zuvor“, sagt Harrison.

Weltweit betrachtet sind es vor allem Bergbauunternehmen, die an den meisten dieser Mordfälle beteiligt waren. Daran anschließend stellen die Agrarindustrie, Unternehmen für den Bau von Wasser- und Dammsystemen, Abholzungsunternehmen und die illegale Wilderei die größten Bedrohungen für Umweltschützer*innen weltweit dar.

“Minen werden oft von Soldaten, der Polizei oder paramilitärischen Gruppen bewacht, die damit beauftragt werden, Proteste gewaltsam aufzulösen oder Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben“, sagt Harrison.



Harrison nimmt an, dass die zunehmende Aufmerksamkeit für dieses Thema dazu führt, dass Regierungen und Industrien vorerst weniger extreme Schritte gegen Umweltschützer*innen einleiten, bevor sie so drastische Maßnahmen wie Morde in Betracht ziehen.

Sie nennt den Fall von Berta Cáceras, eine bekannte Aktivistin in Honduras, als Beispiel. Cáceras wurde 2016 umgebracht.

“Die Angriffe gegen sie [Berta Cáceras] fingen mit legalen Schritten an, die nach und nach bedrohlicher wurden“, sagt Harrison. “Vor ihrem Totschlag hat sie mehrere Morddrohungen, versuchte Entführungen und sexuelle Übergriffe erfahren“.

“Die Androhungen spitzten sich zu, bis sie letztendlich ermordet wurde“, sagt sie.

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Schläge, Haft und Totschlag: Die Umweltschützer*innen dieser Welt werden attackiert

Ein Beitrag von Joe McCarthy  und  Pia Gralki