Diese Geschichte kennen wir nur zur Genüge: Es gibt eine Hungerkatastrophe in einem afrikanischen Land, die reichen Staaten senden Hilfsmittel auf den Weg und werden am Ende als Retter gefeiert. 

Drehen wir den Spieß doch mal um: Denn viele der Konflikte und Krisen in Ländern mit niedrigem Einkommen sind auf das Handeln der Menschen in reichen Ländern zurückzuführen. Ein Beispiel: Die 20 reichsten Länder sind für mehr als 80 Prozent der CO2-Emissionen weltweit und damit maßgeblich für die menschengemachte Klimakrise verantwortlich. Unter den Auswirkungen leiden jedoch vor allem Menschen in den Weltregionen, die am wenigsten zur Umweltverschmutzung beigetragen haben. Die Welt retten, das können wahrscheinlich vor allem die Menschen, die jetzt bereits am eigenen Leib erleben, was auf dem Spiel steht.

Genau diese Ansicht verfolgen auch Anita Chitaya und Esther Lupafya, die den Hunger in ihrer Heimat Malawi bekämpfen möchten. Aus diesem Grund reisen sie in die USA, um die Menschen dort von den realen Auswirkungen der Klimakrise zu überzeugen und die Regierung zum Handeln aufzufordern. Ihre Mission wurde von Filmemacher Raj Patel in dem Dokumentationsfilm “The Ants and the Grasshopper” begleitet.

Das Verhalten der Menschen in reichen Ländern trägt massiv zur Klimakrise bei

Der Film zeigt: Die Unterschiede zwischen dem Leben in Malawi und in den USA könnten größer nicht sein. Zuhause muss Anitas Familie den langen Weg zum nächsten Fluss auf sich nehmen, um an Wasser zu gelangen. Ob das Essen für die ganze Familie reicht, hängt von der Ernte im eigenen Garten ab. Beim Besuch von Bauernhöfen in Wisconsin, Iowa oder Michigan bekommt sie hingegen Essen im Überfluss serviert. Es gibt grüne Felder für den Anbau von Tiernahrung soweit das Auge reicht. 

Anita stellt fest: In den USA haben Tiere Nahrung im Überfluss, während es in Malawi noch nicht einmal für die Menschen reicht. In den letzten Jahren hat die Klimakrise die Situation in Malawi noch einmal massiv verschärft. Der Fluss, der als Wasserquelle dient, ist mittlerweile in den meisten Monaten ausgetrocknet. Die Keimlinge im Garten sterben bereits lange vor der Ernte ab. Der Film zeigt, dass auch die industrielle Landwirtschaft und das Verhalten der Menschen in reichen Ländern wie den USA massiv zu dieser Situation beitragen. 

Dennoch: Auch die Gemeinsamkeiten sind größer als man zunächst denkt. Sie kommen dann zum Vorschein, wenn Menschen einander zuhören und neue Perspektiven kennenlernen. Die Zeit, die Anita und Esther sich nehmen, um mit möglichst vielen Menschen zu sprechen, zahlt sich aus. Denn am Ende des Films wird klar: Menschen können ihr Handeln verändern. Nicht immer von heute auf morgen, aber bis übermorgen ist es meistens doch möglich. 


Das Human Rights Film Festival Berlin stellt “The Ants and the Grasshopper” mit einer Podiumsdiskussion vor

Hast du Lust, diese Doku mit uns anzusehen? Das Human Rights Film Festival Berlin (HRFFB) ermöglicht es dir, ihn vom 10. bis zum 19. Dezember kostenlos zuhause anzuschauen. Gleichzeitig hast du am 16. Dezember die Chance, Esther Lupafya virtuell zu treffen. Denn gemeinsam mit dem HRFFB und unseren Partnerorganisationen Aktion gegen den Hunger, Welthungerhilfe und Save the Children organisieren wir an diesem Tag eine virtuelle Podiumsdiskussion. Sowohl der Film als auch die Podiumsdiskussion finden auf Englisch statt.

Filme schauen ist politischer Aktivismus, der Spaß machen darf und wir wollen gemeinsam mit dir diskutieren. Die Probleme, die im Film angesprochen werden, treffen nämlich nicht nur auf Malawi zu. Denn obwohl in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte in der Hungerbekämpfung gemacht wurden, nimmt der Hunger seit einigen Jahren wieder zu: Vor allem die Klimakrise, bewaffnete Konflikte und die COVID-19-Pandemie bedrohen die Ernährungssicherheit von Millionen Menschen. Weltweit leiden bis zu 811 Millionen Menschen an Hunger. 149,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind chronisch unterernährt und von Wachstumsverzögerungen betroffen. 45,4 Millionen sind akut unterernährt – die extremste Form von Hunger. Das globale Ziel, Hunger bis 2030 zu beenden, ist in weite Ferne gerückt.

Die Bundesregierung muss Maßnahmen zur Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung erstellen

Anfang Dezember wurde die neue Regierung vereidigt und Olaf Scholz ist jetzt offiziell neuer Bundeskanzler. Wichtig also, die neue Bundesregierung direkt an ihre Verantwortung zu erinnern. Denn als eines der wohlhabendsten Länder hat Deutschland eine große Verantwortung, sich für den Kampf gegen Hunger und Mangelernährung einzusetzen. Wir fordern von ihr, ab 2022 jährlich finanzielle Mittel in Höhe von mindestens 250 Millionen US-Dollar (rund 210 Millionen Euro) für den Zugang zu gesunder und ausreichender Nahrung für alle Menschen weltweit bereitzustellen. Gleichzeitig fordern wir mehr Transparenz bei entwicklungspolitischen Ausgaben in diesem Bereich.  

Um über Deutschlands Verantwortung zu sprechen, haben wir zur Podiumsdiskussion neben Esther Lupafya auch zwei Bundestagsabgeordnete eingeladen. Zum einen ist das Dr. Christoph Hoffmann aus der FDP. Er ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages, wo er den Wahlkreis Lörrach-Müllheim vertritt und zu entwicklungspolitischen Themen arbeitet. Zum Thema Hunger positionierte er sich folgendermaßen: "Die neue Bundesregierung muss grundsätzlich proaktiver werden. Es bedarf künftig einer engeren Abstimmung zwischen den Ressorts, um Sicherheit, Klimaschutz, Ernährungssicherung und Wasserversorgung ganzheitlich zu denken. Wir müssen unsere Anstrengungen für friedenstiftende Initiativen verstärken. [...]"

Zum anderen ist es Deborah Düring von Bündnis’90/Die Grünen. Sie kandidierte bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Frankfurt am Main und ist nun zum ersten Mal in den Bundestag eingezogen. "Wir brauchen – hier und weltweit – eine agrarökologische Wende in der Landwirtschaft. [...] Wir müssen unseren Fokus zudem stärker auf den Zugang zu Wasser und Land richten und vor allem die Landrechte stärken, von Kleinbäuerinnen und -bauern, Indigenen und anderen Menschen, die häufig von Landraub betroffen sind. [...] [Wir] müssen auch an die ungerechten Strukturen ran und uns entschieden für das Aufbrechen von Machtstrukturen in der Agrarwirtschaft und im Welthandel einsetzen, für Klimagerechtigkeit und eine restriktive Rüstungsexportpolitik", erklärte sie im Vorfeld der Podiumsdiskussion. 

Wir sind also gespannt darauf, gemeinsam mit den beiden Abgeordneten zu diskutierten, was wir für die deutsche Politik und unser aller Verhalten aus dem Dokumentarfilm lernen können.  Wir freuen uns, wenn du dir die Dokumentation anschaust und wir dich bei der virtuellen Podiumsdiskussion sehen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Und natürlich kannst du bei uns aktiv werden, wenn auch du unsere Forderungen an die Bundesregierung unterstützen möchtest. 

Das Human Rights Film Festival Berlin und Aktion gegen den Hunger laden gemeinsam mit Save the Children, Welthungerhilfe und Global Citizen zu einem Sonderscreening des Dokumentarfilms “The Ants and the Grasshopper“ (10.-19. Dezember) und einer virtuellen Podiumsdiskussion Zero Chance for Zero Hunger? - Food and nutrition security in a desperate climate ein. 

Die Podiumsdiskussion wird am 16. Dezember um 18 Uhr über den HRFFB YouTube-Kanal live übertragen. Weitere Informationen zur Anmeldung und den Zugang zum Film findest du hier

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