Heute, am 31. Mai, ist Weltnichtrauchertag. Und der steht wie jedes Jahr unter einem Motto: „Kein Platz für giftige Botschaften - Stoppt Tabakwerbung jetzt!”.
An dem Tag soll also vor allem auf die Auswirkungen des Rauchens aufmerksam gemacht werden. 

Aber bringen solche Aktionstage überhaupt was? 

Und ob! Denn solche Aktionstage, die es in Deutschland schon seit 1987 gibt, gaben vor über 10 Jahren den entscheidenen Anstoß dazu, ein Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs ins Leben zu rufen. Sprich: 168 Parteien, darunter auch Deutschland, Österreich und der Rest der Europäischen Union haben sich darauf geeinigt, gemeinsam gegen das Rauchen vorzugehen. 

Oder um es gewählter auszudrücken (Politiker brauchen ja immer viele Worte): Es will heutige und zukünftige Generationen vor den verheerenden gesundheitlichen, sozialen und die Umwelt betreffenden Folgen des Tabakkonsums und des Passivrauchens schützen.

So weit so gut. Und was heißt das in der Praxis? 

Um dieses Ziel zu erreichen, traten seitdem verschiedene Kontrollen und Verpflichtungen in Kraft - vor allem was die Produktion, den Verkauf und die Werbung angeht. Aber auch Raucher selber mussten sich auf Veränderungen einstellen: in Deutschland werden sie seit 2005 im wahrsten Sinne des Wortes vor die Tür gesetzt, wenn sie zum Beispiel beim Restaurantbesuch zwischen Haupt- und Nachspeise eine Zigarette rauchen wollen.
Auch die Bezeichnung „light” gibt es nicht mehr für Zigarettenmarken. Jede Zigarette ist schädlich. Ob sie nun „light” oder „ultralight” oder wie auch immer heißt.

Und das diese Maßnahmen wirklich etwas bringen, zeigt die Grafik des Statistischen Bundesamtes: seit fast 15 Jahren sinkt der tägliche Zigarettenkonsum in Deutschland. Hurra!
Damit noch mehr Raucher davon überzeugt werden können, diese gesundheitsschädliche Angewohnheit aufzugeben bzw. Jugendliche davon abzuhalten, mit dem Rauchen anzufangen, werden ab sofort auf den Zigarettenschachteln neben den Warnhinweisen auch abschreckende Bilder gedruckt. Damit steht Deutschland in einer langen Reihe mit anderen Ländern, deren Schachteln ebenfalls Bilder von den Folgen des Rauchens zeigen.

Und wie steht's mit dem Rest der Welt?

Das sind alles durchweg gute Neuigkeiten für Deutschland. Doch leider sieht es im Rest der Welt nicht ganz so positiv aus. 

Die Tabakindustrie ist nämlich leider, leider nicht dumm. Und weiß ziemlich genau, wie sie Statistiken wie die des Statistischen Bundesamtes zu interpretieren hat: Wenn Länder der Europäischen Union sich wehren und hier nicht mehr der gewünschte Umsatz erzielt werden kann, muss man eben woanders hin, wo man noch Geld scheffeln kann und die Auflagen nicht so streng sind, oder noch besser: erst gar nicht existieren. Und da muss man nicht lange suchen: Entwicklungsländer haben andere Sorgen, als sich darum zu kümmern, die Tabakindustrie in ihre Schranken zu weisen.   

Professor Anna Gilmore von der Bath University in England beschäftigt sich intensiv mit den Auswirkungen von Tabakwerbung und Tabakkonsum in Ländern mit geringem Einkommen wie zum Beispiel Pakistan, Nigeria, Simbabwe oder Indonesien. Sie hat nun herausgefunden, dass die Tabakindustrie in diesen Ländern vor allem versucht, Kinder und Jugendliche zum Rauchen zu verführen!
Denn wir alle wissen: wer als Kind oder Jugendlicher bereits mit dem Rauchen anfängt oder in hohem Maße durch Werbung zum Rauchen verführt wird, der wird auch in Zukunft ein treuer Kunde sein. Eine Studie in den USA hat ergeben, dass 80% aller Raucher schon vor ihrem 18. Geburtstag damit anfingen.

Auch die Tabakindustrie weiß davon und verfolgt ganz gezielte Strategien, um ihren Umsatz in diesen Ländern vor allem unter Kinder und Jugendlichen zu 'verbessern':

Schnäppchen-Jagd 

In vielen Ländern werden Zigaretten nicht nur schachtelweise, sondern auch einzeln verkauft. So ist sichergestellt, dass auch Kinder und ärmere Menschen, die sich keine ganze Schachtel leisten können, trotzdem zu ihrer 'Kippe' kommen und weiterhin süchtig bleiben.

Zusätzlich werden die Produkte 'verkaufsfördernd' in den Shops platziert (also auch auf Augenhöhe von Kindern gut sichtbar) und beispielsweise mit einem „2 zum Preis von einem 1”-Verkaufsschnäppchen vermarktet. 

Laut diesen Nachforschungen hier, gibt es in Ländern mit geringerem Einkommen 2 ½ mal mehr Läden, die Tabak und Zigaretten verkaufen, als in Ländern mit höherem Einkommen.


Bunte Werbung bis zum Abwinken 

Wenn es Ländern bzw. Regierungen finanziell nicht so gut geht, ist das für die Tabakkonzerne durchaus von großem Vorteil.
Denn die Einnahmen durch Tabaksteuern sind für jedes Land mit finanziellen Schwierigkeiten attraktiv. Und die Tabakindustrie kann davon ausgehen, dass sie im Gegenzug nicht daran gehindert werden, intensive Zigarettenwerbung zu schalten. Je bunter, je besser. Die Aufmerksamkeit der Kinder ist ihnen damit sicher. 

Die Folgen des Rauchens auf die Gesundheit der Nation werden dabei dann gerne einfach mal übersehen. Auch, weil diese Länder mit anderen Dingen wie der Wirtschaft oder der sozialen Entwicklung des Landes beschäftigt sind. Und das bringt gleich den nächsten Punkt mit sich:


Über die Eltern an die Kinder ran 

Menschen, die in extremer Armut leben, müssen sich nahezu täglich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie ihre Familie ernähren, wo sie sauberes Trinkwasser herbekommen oder wie sie überhaupt zu Einkommen kommen. Da bleibt nur noch wenig Zeit, über die Auswirkungen des Rauchens auf die Gesundheit nachzudenken. Im Gegenteil: Rauchen wird dann oft als kurzer, zwischenzeitlicher Genuss bzw. Luxus wahrgenommen statt als Gefahr. Leichte Beute also für die Tabakfirmen. Und wenn die Eltern einmal rauchen und über die Gefahren des Rauchens nicht aufgeklärt sind, ist es nicht mehr weit, bis Kinder die Gewohnheit übernehmen.  

Lesen? Nein Danke. Eine hohe Analphabetenrate ist gut fürs Geschäft

Eine hohe Analphabetenrate, also der Anteil der Bevölkerung, der nicht lesen und schreiben kann, wirkt sich ebenfalls positiv aufs Geschäft der Tabakkonzerne aus. Denn die Leute hinterfragen nicht, was sie irgendwo über die Folgen des Rauchens lesen, wenn sie es nicht verstehen.

Da ist es auch nachvollziehbar, warum sich die Tabakindustrie noch immer gegen abschreckende Bilder auf Zigarettenschachteln sträubt. Denn dafür muss man nicht lesen können, abschreckende Bilder kann man auch ganz ohne Text verstehen. 


Das Motto „Kein Platz für giftige Botschaften - Stoppt Tabakwerbung jetzt!” sollte also nicht nur an Deutschland gerichtet sein, sondern an die ganze Welt. Denn Schätzungen zufolge sollen bis zum Jahr 2020 bereits rund 8,4 Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens gestorben sein. Und 70% davon fallen allein auf Entwicklungsländer! Schlimmer noch: Weil es keine richtige Regulierung der Tabakindustrie gibt, fangen 4 Millionen Kinder in Indonesien im Alter von 10-14 Jahren das Rauchen an...jedes Jahr!

Ein Tag wie der Weltnichtrauchertag hat also enorme Bedeutung. Er erinnert uns daran, dass wir uns weiterhin dafür einsetzen müssen, dass alle Menschen auf der Welt die gleichen Rechte und den gleichen Schutz haben sollten - und nicht durch Unwissenheit und mangelnder Bildung den Machenschaften geldgieriger Konzerne ausgesetzt sind.   

Explainer

Armut beenden

Mit diesen Tricks lockt die Tabakindustrie Kinder in Entwicklungsländern an die Zigarette

Ein Beitrag von Katrin Kausche