Nachdem afrikanische Aktivist*innen monatelang darum gekämpft haben, am wichtigsten und größten Ereignis im Kampf gegen die Klimakrise teilzunehmen, blieb vielen von ihnen der Zugang zur UN-Klimakonferenz verwehrt. Nun hat das Spektakel begonnen – und viele afrikanische Aktivist*innen müssen bei der ersten COP, die auf ihrem Kontinent stattfindet, draußen bleiben. Für viele ist das ein Warnsignal für die Art von Konferenz, die wir erwarten können. Kurz gesagt: Wenige Aktionen der Zivilgesellschaft und einen begrenzten Raum für Austausch. 

Es ist definitiv nicht das erste Mal, dass der Globale Süden von den Gesprächen über die Klimakrise ausgeschlossen wird, da diese durchweg vom Globalen Norden dominiert wird (tatsächlich gab es einen ähnlichen Aufschrei um die COP26 im letzten Jahr). Da die COP27 in diesem Jahr jedoch auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet – in Ägypten, vom 6. bis 18. November – waren Aktivist*innen optimistischer, dass afrikanische Stimmen im Mittelpunkt stehen würden.

"Als sie ankündigten, dass die COP27 in Afrika stattfinden würde, waren alle glücklich", erklärt der ugandische Klimaaktivist Nyombi Morris. "Wir dachten: 'Wir sind ein unschuldiger Kontinent'. Wir wussten nicht, dass die Ägypter*innen sich Europäer*innen nennen. Es gibt dort Kolonialismus. Aber sie sind aus Afrika."

Die begrenzte Anzahl von Aktivist*innen aus der ganzen Welt, die an der Konferenz teilnehmen, müssen sich an die Gesetze der ägyptischen Regierung halten, die das Recht auf Protest aktiv einschränken und den Zugang zu zivilgesellschaftlichen Aktionen unterdrücken.

Laut der britischen Tageszeitung “The Guardian” werden auf der Konferenz wahrscheinlich junge Aktivist*innen aus dem Gastgeberland Ägypten sowie aus anderen Ländern des Kontinents wie Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Tansania, Marokko, Tschad, Südafrika, Benin und Somalia fehlen, da sich bisher keiner der Aktivist*innen aus diesen Ländern einen Platz beziehungsweise eine Akkreditierung für die COP27 sichern konnte. 

Klima-Aktivismus ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen COP, da Aktivist*innen die Auswirkungen der Klimakrise auf gefährdete Bevölkerungsgruppen darstellen und gleichzeitig die Staats- und Regierungschef*innen der Welt zur Rechenschaft ziehen können. Indem sie sie dazu drängen, sich zu neuen und umfassenderen Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten und gleichzeitig frühere Versprechen einzuhalten.

Die besondere Rolle Afrikas findet keine Wertschätzung – auf dem eigenen Kontinent 

Afrika als der Kontinent, der am meisten von der Klimakrise betroffen ist – obwohl er am wenigsten dazu beigetragen hat – sollte mit seinen jungen Aktivist*innen eine der lautesten Stimmen bei der COP haben. Doch angesichts der Zahl der Aktivist*innen, die nicht einmal einen Fuß in die Tür bekommen, sind viele entmutigt.

Die Tatsache, dass Organisationen und Aktivist*innen vor Ort in Ägypten die Akkreditierung für die COP27 verweigert wird, unterstreicht eine sehr reale Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums im Umfeld der Konferenz und der Klimapolitik im weiteren Sinne. Da seit Marokko im Jahr 2016 keine COP mehr auf dem afrikanischen Kontinent stattgefunden hat, muss viel mehr getan werden, um sicherzustellen, dass afrikanische Aktivist*innen die Bühne bekommen, die ihnen zusteht.

Wir haben mit sechs jungen Klimaaktivist*innen aus ganz Afrika gesprochen, um mehr über die Hindernisse zu erfahren, mit denen sie auf dem Weg zur COP27 konfrontiert waren und. 
warum es so wichtig ist, dass sie und andere afrikanische Aktivist*innen zur COP27 kommen:

Nyombi Morris, Uganda
"Wenn wir nicht hingehen, wer wird dann hingehen? Wenn ein*e Regierungsvertreter*in hingeht, geht er*sie mit eigenen Forderungen hin, aber wir können ihnen nicht trauen. Die Communities aus unserer Heimat freuen sich, wenn wir sprechen. Manchmal nutzen sie uns als Sprachrohr, um sicherzustellen, dass ihre Stimmen gehört werden. Wir müssen unsere Lösungen weitergeben, die umgesetzt werden müssen. Wir müssen unsere Maßnahmen weitergeben, um zu sehen, ob sie nachgeahmt werden können. Um zu sehen, ob wir finanziell unterstützt werden können.

Yero Sarr, Senegal
"Es wäre undenkbar, dass solch wichtige Themen ohne die Beteiligung der Hauptleidtragenden dieses Phänomens diskutiert werden, für die die Industrieländer und ihre exzessive Wirtschaftspolitik verantwortlich sind."

Goodness Dickson, Nigeria
"Die diesjährige Konferenz in Ägypten wird als ‘afrikanische COP’ bezeichnet und findet zu einem entscheidenden Zeitpunkt für globale Klimaschutzmaßnahmen statt, da die Staats- und Regierungschef*innen der Welt zusammenkommen und den weiteren Weg zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius erörtern. Afrika leidet am meisten unter der Klimakrise, obwohl es weniger als vier Prozent der weltweiten Kohlenstoffdioxidemissionen verursacht. Wir müssen zur COP27 gehen und eine Stimme für Millionen von Menschen in unseren Gemeinschaften und Ländern sein, um auf der Konferenz für Klimagerechtigkeit zu sorgen.”

Sibongile Khumalo, Südafrika
"Meiner Meinung nach machen viele der bürokratischen Prozesse des Gipfels diesen für viele Aktivist*innen unzugänglich. Dabei können sie einen Mehrwert zu den Gesprächen beitragen. Ich denke, es gäbe viele Möglichkeiten für den Gipfel, inklusiver zu sein, aber diese Möglichkeiten werden nicht genutzt."

Was befürchtet ihr, wird nicht passieren, weil Aktivist*innen die Teilnahme verwehrt wird?

Nyombi Morris, Uganda
"Ich mache mir Sorgen, dass viele Menschen vertrieben werden, weil sich die nötigen Klimaschutzmaßnahmen weiter verzögern. Aber auch wegen der Verzögerung bei der Mittelbewilligung für durch die Klimakrise erlittene Verluste und Schäden. Die Menschen, die fliehen müssen, sind nicht dafür gemacht, in Lagern zu leben. Für jemanden, der oder die Land besessen hat, gibt es keine Möglichkeit. 

Wie werden sie überleben, wenn wir die Mittel für Schäden und Verluste jetzt nicht gewährt werden? Das ist meine Frage. Wir setzen Regierungen unter Druck, in den Wiederaufbau zu investieren, denn schließlich bringen diese Regierungen Milliardenbeträge ein. Jahrelang haben sie Geld für die Kreditaufnahme (für Klimaanpassung und -maßnahmen) erhalten. Aber sie versagen bei der Lösung der Klimakrise. 

Wenn ich nicht dorthin gehe und fordere, dass dieses sogenannte ‘Greenwashing’ aufhört, wird es 2023 noch schlimmer sein. Dieses Mal haben wir Millionen gesehen, vielleicht werden es nächstes Mal Milliarden sein. Über 30 Millionen Menschen wurden in Pakistan vertrieben – wer sagt, dass es nächstes Jahr nicht Milliarden sein werden?

Worüber würden die Aktivist*innen sprechen, wenn sie an der COP27 teilnehmen würden?

Yero Sarr, Senegal
"Ich würde die Anliegen ansprechen, die mir am Herzen liegen. Nämlich den Zusammenhang zwischen der Klimakrise, der Ausbreitung von Terrorismus in der Sahelzone, der lokalen und internationalen Einwanderung sowie den Hungersnöten. In gewisser Weise die Punkte, die bald in meinem ersten Buch ‘Klimawandel im Herzen der Sahelzone’ erscheinen werden. Ich möchte auch betonen, wie wichtig und dringlich es ist, den Menschen in den Mittelpunkt unserer Bemühungen zu stellen.”

Sibongile Khumalo, Südafrika
"Wenn ich teilnehmen würde, würde ich die Entkolonialisierung der globalen Wirtschaft diskutieren wollen. Das wäre meiner Meinung nach der einfachste Weg, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Wir haben es mit einer Lösung zu tun, die eine grundlegende Umgestaltung erfordert. Wir können dies nicht auf demselben Entwicklungspfad erreichen, der uns in diese Krise geführt hat. Die Welt muss sich ganz einfach ändern und sie wird sich nicht ändern, wenn wir an den selben Entwicklungstheorien und -praktiken festhalten."

Winnie Cheche, Kenia
"Die Finanzierung von Verlusten und Schäden sollte nicht ignoriert oder – schlimmer noch – zu einem weiteren leeren Versprechen werden. Die Folgen sind für jeden sichtbar: Es geht um mehr als um Anpassung und Schadensbegrenzung, das Leben von Menschen und anderen Arten steht auf dem Spiel. Wir haben keine weiteren Jahre mehr zu warten, wir haben bereits verloren. Unsere Gemeinschaften wurden bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht. Überschwemmungen und Dürren haben es geschafft, ein Muster zu schaffen, das bisher keine Erholung zugelassen hat.

Die Klimafinanzierung muss auf dieser COP vorangestrieben werden. Die COP26 hat uns das Herz gebrochen, trotz aller Zeichen und Aufrufe verschiedener Politiker*innen. Es blieb bei leeren Versprechungen. Dieses Mal müssen wir es besser machen. Es gab eine Reihe von Katastrophen im Zusammenhang mit der Klimakrise in verschiedenen Ländern und ich hoffe, dass unsere Staats- und Regierungschef*innen dieses Mal anerkennen, dass es menschlich ist, die Klimafinanzierung zu honorieren."


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Die UN-Klimakonferenz COP27 findet in Afrika statt. Aber warum werden afrikanische Aktivist*innen ausgeschlossen?

Ein Beitrag von Tess Lowery  und  Khanyi Mlaba