Warum das wichtig ist
Impfstoffe für alle zugänglich zu machen – überall auf der Welt –, ist der beste Weg, um die COVID-19-Pandemie so schnell wie möglich zu beenden. Die Ungleichheit bei der Impfstoffverteilung behindert diese Bemühungen jedoch massiv. Länder mit hohem Einkommen horten Dosen und impfen eine große Anzahl ihrer eigenen Bevölkerung, während Menschen mit hohem Krankheitsrisiko wie Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen und ältere Personen weltweit keinen Zugang erhalten. Fordere eine gerechte Verteilung von Impfstoffen, indem du hier aktiv wirst.

Chine McDonald lebt in Großbritannien und arbeitet als Autorin, Rundfunksprecherin und Leiterin der Abteilung Fundraising & Öffentliches Engagement bei Christian Aid.

In "God Is Not a White Man & Other Revelations", schreibt sie über ihre Erfahrung, eine schwarze Frau im mehrheitlich weißen Raum der britischen Kirche zu sein – "teils autobiographisch, teils als sozialer und theologischer Kommentar."

Die Ungleichheit in der Impfstoffverteilung ist für ihre Familie harte Realität.  

Dieser Artikel stammt aus der Serie “In My Own Words”.  


Als 37-jährige wurde ich vor meiner 86-jährigen Großmutter geimpft. Ich lebe in Großbritannien, sie in Nigeria

In den letzten Monaten ertappte ich mich häufig dabei, wie ich immer wieder den Online-Rechner für COVID-19-Impfstoffe überprüfte, um zu sehen, wann man mir ein Angebot machen würde. Als ich begann diese Geschichte zu schreiben, galten allein in Großbritannie zehn Millionen Menschen als erstgeimpft. Und es dauerte gar nicht lange und ich rückte an die Spitze der Warteschlange. Mitte Mai erhielt ich meine erste Dosis.

Mehr als 60 Prozent der britischen Bevölkerung haben mittlerweile ihre zweite Impfdosis erhalten und sind vollständig geimpft. Berichten zufolge ist das die größte Impfabdeckung, die unser Land je gesehen hat.

Es ist nahezu unglaublich. Es war ein langer Weg aus den dunklen und schrecklichen Tagen der Pandemie im letzten Jahr, als wir gegen ein unsichtbares Virus kämpften, das allein in meinem Land mindestens 128.000 und weltweit 3,9 Millionen Menschenleben gekostet hat. 

In Großbritannien lösen wir uns allmählich von den Beschränkungen, schmieden Pläne für die Zukunft und treffen Freunde, die wir seit Monaten nicht mehr gesehen haben. Dabei hindert uns auch das britische Wetter nicht, wenn wir uns in Restaurantgärten zusammenkauern und unsere Geschichten aus der Pandemiezeit erzählen.

Doch trotz des Stolzes auf das Land, in dem ich lebe, und mein großes Glück, geimpft zu sein, denke ich viel über die Ungerechtigkeit dieses Viruses nach. Als 37-jährige Britin wurde ich vor meiner 86-jährigen Großmutter, die in Nigeria lebt, geimpft.

Chine McDonald is a UK-based writer, broadcaster and Head of Community Fundraising & Public Engagement at Christian Aid. Here she poses for a portrait in her home on June 13, 2021.
Chine McDonald is a UK-based writer, broadcaster and Head of Community Fundraising & Public Engagement at Christian Aid. Here she poses for a portrait in her home on June 13, 2021.
Image: Amara Eno for Global Citizen

Brit*innen im Alter meiner Großmutter erhielten die COVID-19-Impfung

Ich wurde in Lagos, Nigeria, geboren und zog mit meinen Eltern und zwei jüngeren Schwestern nach Großbritannien, als ich vier Jahre alt war. Der größte Teil unserer Familie lebt immer noch dort, andere sind über die ganze Welt verstreut. Aber wir bleiben eng verbunden. Während des Lockdowns haben wir zunehmend von digitalen Technologien Gebrauch gemacht. So haben wir den Ruhestand meiner Mutter über Zoom gefeiert, uns wöchentlich auf dem Laufenden gehalten und fast täglich Geburtstagsgrüße verschickt. Wenn man aus so einer großen Familie kommt, hat immer irgendjemand Geburtstag.

Kürzlich schaffte es sogar meine Großmutter, an einem Zoom-Treffen teilzunehmen, um den 60. Geburtstag meiner Tante zu feiern. Sie sah wunderschön und zufrieden aus, und doch bin ich oft erstaunt, wie alt sie geworden ist und wie gebrechlich sie wirkt.

Wenn ich an die Zeit vor ein paar Monaten zurückdenke, erinnere ich mich an Nachrichtensendungen im Fernsehen, in denen gezeigt wurde, wie ältere Brit*innen im Alter meiner Großmutter ihre COVID-19-Impfung erhielten. Nach dieser für uns alle so schrecklichen Zeit, in der die ältesten und schwächsten Menschen besonders gefährdet waren, war es schön zu sehen, dass sie nun geschützt wurden.

Doch das Coronavirus ist ein globales Problem, das eine globale Lösung benötigt. Wir haben die Pandemie erst besiegt, wenn alle Großmütter auf der ganzen Welt geschützt sind.

(L) Chine McDonalds book ‘God Is Not a White Man & Other Revelations,’ is pictured with others at her home. (R) McDonald reads a copy of "New Daughters of Africa: An International Anthology of Writing by Women of African Descent" by Margaret Busby.
(L) Chine McDonalds book ‘God Is Not a White Man & Other Revelations,’ is pictured with others at her home. (R) McDonald reads a copy of "New Daughters of Africa: An International Anthology of Writing by Women of African Descent" by Margaret Busby.
Image: Amara Eno for Global Citizen

Nur ein Prozent der Bevölkerung der einkommensschwächsten Länder Afrikas ist geimpft

Doch die traurige – oder ungerechte – Realität ist, dass Länder im überwiegend weißen globalen Norden die Impfstoffe für ihre eigene Bevölkerung aufgekauft haben. Während ein großer Teil der Menschen Großbritanniens inzwischen geimpft wurde, hat nur ein Prozent aus den einkommensschwächsten Ländern Afrikas Impfstoffe erhalten. Meine Großmutter gehört zu den 99 Prozent in diesen Ländern, die immer noch auf ihre Chance warten. Während die Länder des globalen Nordens mehr Impfstoffe aufgekauft haben, als sie benötigen, gehen afrikanischen Ländern die sowieso schon begrenzten Vorräte aus.

Der jüngste Anstieg der COVID-19-Infektionsraten und Todesfälle in Indien ist verheerend und eine Erinnerung für uns alle auf der Welt, dass dieses tödliche Virus noch nicht besiegt ist. Auch Indien gehen die Dosen für seine Bevölkerung aus, obwohl es einer der weltweit wichtigsten Hersteller für Impfstoffe ist.

Es war niederschmetternd, von Kolleg*innen aus Indien zu hören, die bei Christian Aid arbeiten, wo ich Leiterin der Abteilung für Fundraising und öffentliches Engagement bin. Das Virus hat nicht nur unsere programmatische Arbeit aufgehalten, sondern auch unsere Mitarbeiter*innen und ihre Familien in Gefahr gebracht.

Als Global Citizens müssen wir unsere Entscheidungsträger*innen dazu auffordern, zusammenzuarbeiten und nicht nur an ihre eigenen Nationen zu denken, sondern auch an diejenigen aus armen und marginalisierten Gemeinschaften. Wenn es jemals eine Lektion in globaler Gleichberechtigung gab, eine Gelegenheit für uns, dem Rest der Menschheit Herzlichkeit und Solidarität zu zeigen, dann ist es dieser Moment. Hier geht es um die Moral.

Gemeinsam forderten wir Staaten und Pharmaunternehmen auf, genügend Impfstoffe herzustellen und zu verteilen

Wir von Christian Aid sind Teil der People's Vaccine Alliance und haben im April 2021 zusammen mit anderen Organisationen und Einzelpersonen mehr als 150 religiöse Entscheidungsträger*innen zusammengebracht. Gemeinsam haben sie Staaten und Pharmaunternehmen aufgefordert, genügend Impfstoffe herzustellen und zu verteilen, damit alle Menschen auf der Welt – einschließlich meiner Großmutter – vor dem Virus geschützt werden können.

Chine McDonald works from home as the Head of Community Fundraising & Public Engagement at Christian Aid.
Chine McDonald works from home as the Head of Community Fundraising & Public Engagement at Christian Aid.
Image: Amara Eno for Global Citizen

Die weltweiten Oberhäupte der Glaubensgemeinschaften forderten ein Ende des Impfnationalismus – darunter Rowan Williams, der ehemalige Erzbischof von Canterbury, Thabo Makgoba, der anglikanische Erzbischof von Kapstadt, und Kardinal Peter Turkson von der römisch-katholischen Kirche. Auch der Dalai Lama unterstützt dies.

In einem gemeinsamen Brief erklärten sie: "Wir können uns nicht unserer Verantwortung gegenüber unseren Schwestern und Brüdern entziehen, indem wir uns einbilden, dass wir dem Markt die Lösung für die Krise überlassen, oder uns vormachen, dass wir in unserer gemeinsamen Menschlichkeit keine Verpflichtung gegenüber anderen haben. Jeder Mensch ist wertvoll. Wir haben eine moralische Verpflichtung gegenüber jedem Menschen in jedem Land."

Wir versagen in unserer moralischen Pflicht, wenn das Leben jeder Großmutter nicht als schützenswert angesehen wird, ganz gleich, wo auf der Welt sie lebt.

Wenn auch du willst, dass alle Menschen, überall auf der Welt, Zugang zu COVID-19-Impfstoffen erhalten, dann unterschreibe diese Petition


Hier findest du inspirierende Geschichten – erzählt von Menschen rund um den Globus, die von extremer Armut betroffen sind und sich für eine gerechte Welt engagieren. Ob im Einsatz für sauberes Wasser, für den Zugang zu Bildung oder für ausreichend Lebensmittel – bei “In My Own Words” teilen wir Geschichten von Menschen, deren Stimmen viel zu selten gehört werden.

Du bist Schriftsteller*in oder Aktivist*in oder hast etwas zu sagen? Dann kannst du dich für das Global Citizen Contributing Writers Program bewerben, indem du dich an contributors@globalcitizen.org wendest.

In My Own Words

Armut beenden

Ich bin geimpft, meine Großmutter noch nicht. Ist ihr Leben weniger wert als meins?

Ein Beitrag von Chine McDonald