Ich verfalle gern mal in Kaufsucht und traue mich dann nicht, meinen Kontostand abzurufen, aus Angst, dass ich über meine Verhältnisse lebe. Dabei würde ich es lieber wie eine Freundin handhaben, die am Anfang des Monats ihr Geld für die unterschiedlichen Bereiche wie Lebensmittel, Haushalt, Gesundheit, Freizeit und Sparen aufteilt und somit den perfekten Überblick über ihre Einnahmen und Ausgaben hat. 

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So, wie das im Kleinen funktioniert, ist es auch im Großen gedacht, wenn diese Woche im Bundestag die erste Lesung des aktuellen Haushaltsentwurfs stattfindet: der Beginn der Haushaltsverhandlungen. 

Was ist der Bundeshaushalt?

Beim Bundeshaushalt werden die jährlichen Einnahmen und Ausgaben festgelegt und haarklein aufgelistet, für welche Zwecke der Staat im kommenden Jahr wie viel Geld ausgeben will. Der Entwurf des Haushaltsplan wird vom Bundesfinanzministerium (BMF) erstellt, wird im Kabinett der Bundesregierung beschlossen und kommt dann beim Bundestag, Bundesrat und Bundespräsidenten an, bis er in Kraft treten kann. 

Am Anfang wird der finanzielle Rahmen der einzelnen Ministerien für das Folgejahr abgesteckt. Das Regierungskabinett beschließt diese Eckwerte meistens Mitte März. Als nächstes werden die Gesamtmittel auf einzelne Maßnahmen aufgeteilt, was gegen Ende Juni und Anfang Juli erfolgt. Im September beginnen dann die Haushaltsverhandlungen.

Wie oben geschrieben, ist es Aufgabe des BMF, den Haushaltsentwurf zu erstellen, der auch gut und gerne mal eben 2.500 Seiten lang werden kann. Als Basis werden die erwarteten Einnahmen und Ausgaben des Bundes verwendet. Zudem gibt es zuvor Gespräche mit Expert*innen, den sogenannten Sachverständigen.

Während des gesamten Jahres behält das BMF den Überblick zu den Einnahmen und Ausgaben und kann bei Bedarf eingreifen, eine Haushaltssperre erlassen oder einen Nachtragshaushalt verabschieden. 

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3 wichtige Fakten zu den Haushaltsverhandlungen

  • Das Bundeshaushaltsgesetz tritt zum ersten Januar des neuen Jahres in Kraft
  • Die Lohnsteuer stellt die größte Einnahmequelle des Bundes (100 Milliarden Euro), danach folgt die Umsatzsteuer (99,7 Milliarden Euro) sowie die Einfuhrumsatzsteuer (37,6 Milliarden Euro). Die gesamten Steuereinnahmen für das Jahr 2022 belaufen sich auf etwa 203,4 Milliarden Euro.
  • Der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist seit mehreren Jahren stets am höchsten. Das “größte Kuchenstück” in Sachen Geld aus dem Bundeshaushalt landet dort (161,1 Milliarden Euro).

Welche Ministerien kriegen wie viel – und warum?

Direkt nach dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dessen Löwenanteil der Gelder in die Rentenversicherung flossen, stand das Bundesministerium für Gesundheit mit 64,4 Milliarden Euro auf dem zweiten Platz des Bundeshaushaltes 2022, gefolgt vom Bundesministerium für Verteidigung mit 50,4 Milliarden Euro.

Wo genau fließt das Geld jedoch hin, wenn es bei den Ministerien landet? Mit dem Bundeshaushalt digital kannst du einsehen, welche Ministerien wie viel Geld erhalten haben und in welche Bereiche die Finanzen geflossen sind. Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gingen 21 Milliarden Euro an das Arbeitslosengeld ll und 9,8 Milliarden Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung. 30 Milliarden Euro gingen an den Gesundheitsfonds für durch die COVID-19-Pandemie verursachte Belastungen, 3,2 Milliarden Euro wurden für die Pflegevorsorge bereitgestellt. 36 Milliarden flossen in das Ministerium für Digitales und Verkehr, 20 Milliarden Euro wurden für Bildung und Forschung bereitgestellt, 12,5 Milliarden für das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugendliche. 11,3 Milliarden gingen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. 

Da stellt sich natürlich die Frage: Warum kriegen einige mehr oder andere weniger? Ähnlich wie bei der detaillierten Ausgabenrechnung meiner Freundin am Anfang des Monats geht es auch hier um Bedarf. Das heißt in der Politik konkret: Welche Projekte sind wie wichtig? Basierend auf dem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung beschlossen, Zukunftsinvestitionen für das Jahr 2023 zu priorisieren, um Raum für eine nachhaltige, klimaneutrale und digitale Wirtschaft zu schaffen. Durch die Invasion Russlands in der Ukraine und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Energieversorgung plant die Bundesregierung 5,4 Milliarden Euro und weitere fünf Milliarden Euro als globale Krisenvorsorge ein.

Für das nächste Jahr liegt der Fokus vor allem auf Stabilität, das heißt, es soll vermieden werden, dass die Bürger*innen mit weiteren Steuererhöhungen belastet werden. Deswegen hat Bundesfinanzminister Christian Lindner in der letzten Zeit häufig betont, wie wichtig die Schuldenbremse ist. Durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und dem Erhalt der Wirtschaft musste sich Deutschland neben vielen anderen Ländern Geld bei Banken und Finanzmärkten leihen, für die sie jährlich viele Zinsen zahlen müssen. Diese Schulden sind inzwischen so gewachsen, dass ein erheblicher Anteil der Staatseinnahmen zur Begleichung verwendet werden muss. Mit der Schuldenbremse verpflichtet sich der Staat dazu, Schulden nur noch bis zu einer bestimmten Höhe zu machen und sie zeitnah zurückzuzahlen. 

Und wie sieht es mit unseren Lieblingsthemen – Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe – aus? Deutschland wird basierend auf dem Haushaltsentwurf 2023 hinter den USA mit über 22 Milliarden Euro das zweitgrößte Geberland für Entwicklungszusammenarbeit weltweit sein. Damit wird das Ziel, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, eingehalten. Dennoch werden die Mittel für das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit um zehn Prozent gekürzt, davon ist insbesondere die Finanzierung von multilateralen Organisationen betroffen. Die Mittel werden 2024 etwa 10,7 Milliarden Euro und bis 2026 auf 10,4 Milliarden Euro sinken. 

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Welche Auswirkungen hat dies auf das Leben der deutschen Bevölkerung und den Kampf gegen extreme Armut global?

Um ein Ende extremer Armut zu erreichen, müssen wir JETZT Mädchen und junge Frauen stärken, die Klimakrise mit entsprechenden Maßnahmen aufhalten und systemische Barrieren überwinden, die Menschen in der Armut festhalten.

In puncto Klimaschutz hat sich die Bundesregierung für das kommende Jahr so einiges vorgenommen, um Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien in den Fokus zu rücken. Der Bundeshaushalt sieht zusätzliche acht Milliarden Euro vor, um bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür wird in den Ausstieg von Kohle, klimafreundlichen Verkehr und grüne Technologien und Innovationen investiert. Dennoch wird Deutschland sein CO2-Budget überschreiten und auch mit großer Wahrscheinlichkeit das 1,5-Grad-Ziel verfehlen. 

Zudem gibt es keine Position im  Bundeshaushalt, die aufzeigt, ob und wie viel Geld Deutschland für internationale Klimafinanzierung ausgeben wird, also die Mittel zur Unterstützung von Gemeinschaften bei der Abschwächung von und der Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise. Zum Hintergrund: Der gerechte Anteil Deutschlands wären acht Milliarden Euro, aktuell gibt Deutschland jedoch nur knapp vier Milliarden Euro dafür aus. 

Es gibt eine Erhöhung des Etats für das Bundesfamilienministeriums auf 12,88 Milliarden Euro, 280 Millionen Euro mehr gegenüber dem Jahr 2022. Dabei gehen insbesondere zwei Milliarden Euro in die Kinderbetreuung, um Müttern den Zugang zu Bildung und Berufschancen zu ermöglichen. 

Und das Verteidigungsministerium? Das bekommt insgesamt 50,1 Milliarden Euro für das Jahr 2023 zur Verfügung gestellt, in den kommenden Jahren bis 2026 ist eine Steigerung von 12,4 Milliarden Euro geplant. Zusätzlich erhält die Bundeswehr noch ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für weitere Jahre. 

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Wie können wir den Haushalt beeinflussen?

Mit deiner Stimme kannst du mehr erreichen, als du denkst. Letztendlich sind es die Steuern, die wir zahlen, die in die verschiedenen Ministerien und Bereiche fließen und die die Erde, auf der wir leben, gerechter und nachhaltiger gestalten sollen. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass du dich für die Themen einsetzt, die dir wichtig sind und die Entscheidungsträger*innen zum Handeln aufforderst. 

Wenn du dich uns anschließen und gemeinsam mit Aktivist*innen rund um den Globus die deutsche Regierung zu mehr Einsatz für eine nachhaltige, gerechte Welt auffordern willst, die eine Erhöhung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe bedeutet, dann werde hier aktiv.

Explainer

Armut beenden

Wo fließt das Geld hin? In diese Bereiche will die Bundesregierung im nächsten Jahr investieren

Ein Beitrag von Nora Holz