Warum das wichtig ist
Die Proteste gegen die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels nehmen weltweit zu. Neben der “Fridays For Future”-Bewegung fordert die Protestgruppe “Extinction Rebellion” Regierungen weltweit auf, den Arten- und Klimaschutz zu priorisieren. In Anbetracht des Weltbevölkerungswachstums und der globalen Erwärmung sind Klimaschutzmaßnahmen heute wichtiger denn je. Du kannst hier mit Global Citizen aktiv werden.

"Was wir tun, war noch nie so wichtig", steht auf einem Banner der Protestgruppe “Extinction Rebellion”. Es markiert den Eingang zum Klimacamp, dass die Demonstrant*innen vor dem Deutschen Bundestag eingerichtet haben. Hier sollen eine Woche lang Aktionstrainings, Bürger*innenversammlungen und wissenschaftliche Vorträge zum Klima-und Artenschutz stattfinden.

Doch das ist nicht die einzige Aktion, die “Extinction Rebellion” in Hauptstädten wie Berlin, London und Amsterdam in dieser Woche geplant hat. In Berlin begann die “Rebellion gegen das Artensterben” bereits am frühen Montagmorgen. Laut Schätzungen besetzten über 1.000 Demonstrant*innen gegen vier Uhr die Hauptverkehrsader am Großen Stern. Weitere Blockaden und Demonstrationen wurden am Potsdamer Platz und in der Berliner Innenstadt durchgeführt. In den kommenden Tagen sollen weitere folgen.

Mit ihren Sitzblockaden möchte die Protestbewegung allerdings nicht Autofahrer*innen und Passant*innen, sondern Politiker*innen Steine in den Weg legen. Während sich viele Verkehrsteilnehmer*innen in ihrem Alltag gestört fühlen dürften, definieren die Demonstrant*innen ihr disruptives Vorgehen als eine Form der Notwehr. "Wir stören, weil wir keinen anderen Weg sehen, um den umfassenden und tief greifenden Wandel herbeizuführen, der das Klima rettet", sagt eine Demonstrantin gegenüber Der Zeit.

Um das Klima zu retten, setzt "Extinction Rebellion" auf das Prinzip des zivilen Ungehorsams. Dabei geht die Gruppierung drastischer vor, als die Protestbewegung “Fridays For Future” – was ihre Ziele als auch ihre Mittel betrifft. Im Zentrum ihres Protests stehen drei Forderungen an die Bundesregierung: der Ausruf eines sogenannten Klimanotstands, Klimaneutralität bis 2025 – und damit 25 Jahre früher, als bisher in Deutschland geplant – und das Einrichten von Bürger*innenversammlungen.

Letztere sollen den Bundestag nicht abschaffen, sondern ergänzen. Bei diesem Verfahren werden Bürger*innen über ein Losverfahren aus allen Gesellschaftsschichten ausgewählt. Dieser repräsentative Arbeitskreis entwickelt in Zusammenarbeit mit Expert*innen und Wissenschaftler*innen aus dem jeweiligen Gebiet Maßnahmen und Lösungsvorschläge für eine bestimmte politische Debatte. Dieser Maßnahmenkatalog wird dann an die Regierung als Empfehlung weitergegeben. Das demokratische Prinzip der Bürger*innenversammlungen hat sich in einigen politischen Debatten bereits als erfolgreich erwiesen.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt “Extinction Rebellion” nicht nur auf Petitionen und angemeldete Demonstrationen, sondern auch auf gezielte Störungen des Systems. "Wir stören den alltäglichen Betriebsablauf, der unsere Lebensgrundlagen zerstört. Wir setzen den Protest so lange fort, bis die Regierungen angemessen reagieren", teilte die Gruppe vor dem Start der Protestaktionen mit.

Mit ihrem radikalen Vorgehen hat “Extinction Rebellion” in ihrem Gründungsland Großbritannien bereits Erfolge erzielen können. Nachdem vergangenes Jahr über 6.000 Demonstrant*innen über elf Tage die Londoner Innenstadt besetzten, rief die britische Regierung als erstes Land der Welt den Klimanotstand aus. Zwar zieht dieser Schritt keine konkreten politischen Maßnahmen nach sich. Für die weltweite Klimaschutzbewegung hat er jedoch einen wichtigen Symbolcharakter.

Die Demonstrant*innen von “Extinction Rebellion” betonen die friedliche und gewaltfreie Absicht ihres Protests. In Aktionstrainings können Büger*innnen im Vorfeld erproben, wie sich eine Straßenblockade und eine eventuell darauf folgende Auflösung durch die Polizei anfühlt. Um bei Konflikten zwischen Passant*innen, Demonstrant*innen und Ordnungskräften zu vermitteln, bilden die Protestteilnehmer*innen Deeskalationsteams. "Damit alle Bürger sehen, dass es nicht gefährlich ist und sich jeder uns anschließen kann", so eine Demonstrantin gegenüber Der Zeit.

Für ihre Straßenblockaden erntet die Gruppierung nicht nur von Autofahrer*innen, sondern auch aus der Politik Kritik. Der CDU-Abgeordnete Helge Braun zeigte sich zwar mit Demonstrationen für mehr Klimaschutz einverstanden. "Aber wenn man gefährliche Angriffe in den Straßenverkehr ankündigt, das geht natürlich gar nicht", so Braun. Berlins Innensenator Andreas Geisel schätzte die Proteste zunächst als ungefährlich ein: "Es ist ja so, dass wir Blockaden, Veranstaltungen durchaus als spontane Demonstrationen werten können, die ja nach Demonstrationsrecht zulässig sind", sagte Geisel gegenüber Der Zeit.

Demgegenüber bekam “Extinction Rebellion” erst kürzlich von über 90 deutschen Prominenten wie Christian Ulmen, Bela B oder Rocko Schamoni Rückenwind. Gemeinsam unterzeichneten sie einen offenen Brief an die Bundesregierung. Diese wird aufgefordert, “sofort drastische Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise zu ergreifen. (...) Sie als unsere Regierung machen sich schuldig, indem Sie das Vorsorgeprinzip im Rahmen Ihrer Politik ignorieren (...)”.

Ob die Proteste friedlich bleiben und den erhofften politischen Wandel im Klimaschutz bringen, werden die kommenden Tage zeigen.

Editorial

Umwelt schützen

Blockaden für den Klimaschutz: Die Protestbewegung “Extinction Rebellion”

Ein Beitrag von Pia Gralki