Einer der weit verbreitetsten Irrglauben wenn es um das Thema Ernährungssicherung (was so viel bedeutet wie: die Verfügbarkeit von Nahrung sowie der Zugang zu Lebensmitteln) geht, ist die Annahme, dass unsere Welt nicht genug Nahrungsmittel produziert bzw. nicht zur Verfügung stehen hat, um alle Menschen zu versorgen. Um das also gleich zu Anfang mal gerade zu rücken: das ist streng genommen nicht richtig. Denn die Realität ist: unsere Welt produziert mehr als das 1,5-fache an benötigten Lebensmitteln um jeden Menschen auf diesem Planeten satt zu machen. Wo also liegt dann das Problem?
Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass ErnährungsUNsicherheit nicht einfach nur bedeutet, dass nicht genug Essen auf dem Tisch landet. Eine allumfassende Ernährungssicherheit beschäftigt sich ebenso mit dem Zugang zu nahrhaften und ausgewogenen Lebensmitteln (wie zum Beispiel frischen Lebensmitteln sowie lokal angebaute und hergestellte Ware). Denn oft ist das wenige, dass Menschen die hungern zur Verfügung steht, häufig auch noch enorm einseitig und auf lange Sicht weder nahrhaft noch kann es Wachstum bzw. geistige Entwicklung fördern.
Hier also mal zusammengefasst die 6 Hauptgründe, warum es immer noch Hunger auf unserem Planeten gibt:
1) Dieser Punkt geht eng mit Punkt 2 einher: die größte und offensichtlichste Ursache liegt darin, dass die meisten Menschen, die von Ernährungsunsicherheit betroffen sind, sich schlichtweg keine nahrhaften Lebensmittel leisten können. Es ist daher die Aufgabe der Regierung dafür zu sorgen, dass gesunde Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen für jeden und zu jeder Zeit verfügbar sind. Um das zu gewährleisten, kann es helfen, dass vor allem in den Entwicklungsländern örtsansässige Bauern und Farmer darin unterstützt werden, nahrhafte Lebensmittel für die umliegenden Gemeinden zu produzieren.
2) Eine weitere Hürde, die sich einer weltweiten Ernährungssicherung in den Weg stellt: mangelnder Zugang. Rund um die Welt finden sich hungernde Menschen in mindestens einer der zwei folgenden Situationen wieder: entweder leben sie in einer derart abgeschiedenen Gegend, dass sie nur ganz geringen Zugang zu Lebensmitteln in ihrer Umgebung haben, oder sie leben in so genannten 'Lebensmittel-Wüsten'. Mit dem Begriff 'Lebensmittel-Wüste' (aus dem englischen: food desert) bezeichnet man Gegenden, Landstriche aber auch ganze Stadtviertel, in denen kaum frische und gesunde Nahrungsmittel angeboten werden (wenn es zum Beispiel keinen Markt gibt, oder man keinerlei lokal angebaute Nahrungsmittel bekommt). In solchen Gegenden bleibt den Menschen nicht anderes übrig, als auf wiederum (teure) Supermärkte auszuweichen, die entweder nur ungesundes Essen anbieten, oder eine kleine Auswahl an frischer Ware zu sehr teuren Preisen (und damit wären wir wieder bei Punkt 1).
3) Die Verteilung und Lieferung von Lebensmitteln kann ebenso zu einer Herausforderung werden, wenn man sich mal anschaut, was alles zu bedenken ist und was alles schief laufen kann, zwischen der Herstellung von Lebensmitteln bis zum Verkauf. Vor allem in den Entwicklungsländern sind Dinge wie schlecht ausgebaute Straßen, oder wenige bis gar keine Schienenverbindungen ein großes Problem, wenn es um den Transport geht. Ich meine, stellt euch einfach mal eine einspurige Lehmstraße bei starkem Regen und einem schwer beladenen LKW vor. Hinzu kommt: viele Lebensmittel müssen gekühlt werden. Ist diese Kühlleistung nicht gewährleistet, besteht die Gefahr, dass die meisten Lebensmittel bereits verdorben sind bevor sie überhaupt verkauft werden können.
4) Vor allem Kleinbauern leiden unter der Tatsache, dass das Klima auf unserem Planeten immer wärmer und immer extremere Wetterlagen erzeugt. Dürren und starker Regen beeinflussen die Ernte und vor allem Kleinbauern mit kleinerem finanziellen Hintergrund können solche Ausfälle wesentlich schlechter ausgleichen als große landwirtschaftliche Betriebe. Und das bekommen auch die Endverbraucher zu spüren: umso weniger Lebensmittel zu kaufen sind, umso teurer werden diese. Um Farmer und Verbraucher zu schützen, müssen Regierungen mit lokalen Farmern zusammen arbeiten um sicherzustellen, dass Kleinbauern keiner so großen finanziellen Gefahr ausgesetzt sind.
5) Konflikte und politische Instabilität haben das Potential, verheerenden Einfluss auf bereits fragile Systeme zu nehmen, indem Menschen unter anderem von Transportwegen abgeschnitten werden. In solchen Fällen können Lebensmittelhilfen Unterstützung bieten, wenn es denn richtig angegangen wird: man muss berücksichtigen, was die Bevölkerung vor Ort wirklich braucht, was sie essen und parallel alles unternehmen, dass diese Menschen nicht völlig von Lebensmittelhilfen abhängig werden.
6) Zu guter Letzt: viele Kleinbauern haben keine Möglichkeiten, ihr volles Potential auszuschöpfen - allen voran Frauen. In vielen Ländern beispielsweise existieren Gesetze, die es Frauen schlichtweg verbieten, Land aus den Reihen ihrer eigenen Familie zu erben, für das sie mitunter bereits ihr halbes Leben lang gearbeitet haben. Das gleiche gilt für den Erwerb von Land oder sogar für den Verkauf von Lebensmitteln auf einem örtlichen Markt. Indem Frauen mehr Rechte zugesprochen werden haben mehr Familien die Möglichkeit, sich zu entwickeln und wirtschaftlich zu gedeihen, vor allem da Frauen wesentlich mehr von ihrem Gehalt in die eigene Familie stecken als Männer.
Um allerdings diesen ganzen Prozess zu Ende zu denken, muss ebenso dringend an eine gleichberechtigte und solide Ausbildung für Männer und Frauen gedacht werden sowie an die Bereitstellung von Ressourcen, damit Wissen über Nahrungsmittelanbau und Verkauf auch von Farmern umgesetzt werden kann. Ohne diese Veränderungen haben Kleinbauern kaum eine Chance, sowohl ihre eigene Familie, als auch die Gemeinde in der sie leben mit gesunden und frischen Lebensmitteln zu versorgen um so dem Kreislauf der Armut zu durchbrechen.
Auch wenn alle diese Hürden ein wenig entmutigend wirken wenn es darum geht, echte Ernährungssucherheit für alle Menschen auf unserem Planeten zu gewährleisten, so ist die gute Seite allerdings, dass diese Hürden bekannt und nicht unmöglich zu überwinden sind. Umso mehr Menschen sich darüber bewusst sind, was genau getan werden muss, um wirklich alle auf unserer Erde gesund und nahrhaft zu ernähren, dass liegt es letztendlich nur noch an uns, entsprechende Unterstützung zu bieten damit erfolgreiche Projekte umgesetzt werden können.